Daharana - Konzentration, Dhyana - Meditation und
Samadhi - der gedankenlose Zustand

Auf der ersten der acht Stufen des Ashtanga Yoga, den Yamas, geht es um den Umgang mit unserem sozialen Umfeld. Bei den Niyamas, der zweiten Stufe, geht es darum, wie wir mit uns selbst umgehen. Asanas reinigen den Körper und Pranayama den Atem und das Energiesystem (Prana, Lebensenergie).

Mit Pratyahara gehen wir den Schritt vom äußeren zum inneren Yoga. Die Sinne werden von äußeren Objekten abgezogen und nach innen gerichtet. Die nächsten drei Schritte sind Dharana (Konzentration), Dhyana (Mediation) und Samadhi (vollkommene Gedankenstille). Sie reinigen den Geist und schärfen das Unterscheidungsvermögen, sodass wir unser wahres Selbst als ewige Seele, ewiges Bewusstsein wahrnehmen können.

 

Dharana – Konzentration

Wenn ein/e Praktizierende/r die Sitzhaltung stabil und bequem einnehmen kann, wenn Atem und Prana harmonisch fließen und die Sinne sich nach Innen richten, kann Dharana – Konzentration geübt werden. Hierbei wird der Geist auf ein bestimmtes Objekt fixiert. Das kann ein äußeres Objekt, wie z.B. eine Kerzenflamme, das Bild einer Gottheit oder eine Blume, oder ein inneres Objekt, beispielsweise der Atem, innere Klänge oder ein Chakra sein.

Konzentration bedeutet, dass die aufeinander folgenden Gedankenbewegungen sich immer zu dem Konzentrationsobjekt hin bewegen. Dadurch, dass immer wieder eine Gedankenwelle zu Ende geht und eine neue beginnt, wird der Fluss der Aufmerksamkeit zum Objekt immer wieder unterbrochen.

Dies birgt die Möglichkeit in sich, dass die neue Gedankenwelle einer Ablenkung folgt und in eine andere Richtung fließt. Deshalb müssen wir in der Phase der Konzentration sehr wach sein und die Bewegungen der Gedanken aufmerksam beobachten, abweichende Gedanken loslassen und den nächsten Gedanken erneut auf das Objekt ausrichten.

Das ist mit einer gewissen Anstrengung verbunden. Damit ist Dharana eine Technik oder eine Übung. So wie beim Üben von Asana und Pranayama – ir tun etwas. Die letzten beiden Stufen sind keine Techniken in diesem Sinne. Es sind Bewusstseinszustände auf deren Eintreten wir keinen willentlichen Einfluss haben.

 

Dhyana – Meditation

Wenn aus den vielen aufeinander folgenden Gedankenwellen ein einziger ununterbrochener Strom wird, nennt Patanjali das Meditation. Es ist quasi eine durchgehende Welle zum Konzentrationsobjekt, wodurch die Anstrengung weg fällt, jeden neuen Gedanken neu auszurichten.

In der Phase von Dharana befindet sich das Gehirn im Wachzustand, dem Beta-Zustand, in dem die Gehirnwellen in der Frequenz von 13-30 Hertz schwingen. Fällt man in die Meditation, geht man in den Alpha-Zustand über. Dies ist der Zustand der Entspannung, in dem die Gehirnwellen mit 8-12 Hertz schwingen.

Im Zustand der Entspannung bzw. der Meditation schaltet der Körper von Aktivität auf Regeneration um, Selbstheilungskräfte werden mobilisiert, die Verdauungsorgane werden besser durchblutet, der Geist wird ruhiger und richtet sich von selbst nach Innen. Nach einer Meditation fällt es meistens leichter sich zu konzentrieren, etwas zu lernen oder kreativ zu sein.

Der Übergang von Konzentration zur Meditation passiert von selbst. Es ist wie mit dem Schlaf. Wir können vieles tun, um die Möglichkeit einzuschlafen zu erhöhen, wie z.B. vorher einen Lavendel-Tee trinken, ein gemütliches Bett herrichten usw. Aber ob der Schlaf kommt und wann, liegt nicht in unserer Hand.

 

Samadhi – der gedankenlose Zustand

In der Meditation ist also aus vielen aufeinander folgenden Gedankenwellen, ein einziger Gedankenstrom geworden. Kommt dieser nun ganz zum Stillstand, nennt Patanjali das Samadhi. Da jegliche Gedankenbewegung aufgehört hat, scheint es so, als würde der Geist nicht mehr existieren und das Objekt erscheint als solches an sich.

Der Geist ist wie ein ruhiger See, in dem man nur den Baum sieht, der sich darin spiegelt und das Wasser gar nicht mehr wahrnimmt, weil es so still ist. Allein in diesem Zustand kann ein Objekt als solches unverfälscht in seinem puren Sein erfasst werden.

Normalerweise nimmt der Geist über die Sinne ein Objekt wahr, vergleicht es sofort mit Erinnerungen aus der Vergangenheit und misst ihm daraufhin eine Bedeutung zu. Diese hat jedoch mehr mit unserer Vergangenheit und Konditionierung zu tun, als mit dem Objekt an sich.

Um ein Objekt also ganz pur wahrzunehmen, müssen wir unsere Konditionierungen erkennen und aufgeben. Und hierin steckt eine wichtige Begründung für die ganzheitliche Praxis nach den acht Stufen von Patanjali:

 

Wie ganzheitlicher Yoga Konditionierungen löscht

Die Konditionierungen (Muster, Glaubenssätze, Erinnerungen usw.) sind nicht nur im Geist, sondern in allen der drei äußeren Hüllen gespeichert: Annamaya Kosha (Nahrungshülle), Pranamaya Kosha (Energiehülle) und Manomaya Kosha (Geisthülle).

Wenn wir unsere Konditionierungen abschütteln wollen, müssen wir Körper, Atem und Geist davon befreien. Die Hüllen sind sehr unterschiedlich und brauchen unterschiedliche Techniken, um gereinigt zu werden. Diese sind:

  • Asana – reinigt den Körper, Annamaya Kosha
  • Pranayama – reinigt den Atem, Pranamaya Kosha
  • Meditation (meint hier: Dharana und Dhyana) – reinigt den Geist, Manomaya Kosha

Die ersten beiden Stufen Yama und Niyama schaffen die äußeren Voraussetzungen für die Praxis der folgenden Übungen. Die innerste Hülle Anandamaya Kosha enthält keine Verunreinigungen oder Blockaden. Unsere Intelligenz - Vijnanamaya Kosha erscheint mehr und mehr, je weiter die Blockaden der darüber liegenden Hüllen bereinigt sind.

 

Samadhi mit und ohne Objekt oder Dualität

Samadhi, wie oben beschrieben, ist Samadhi mit Dualität (samprajnata samadhi) und wirkt in dieser Form auf Vijnanamaya Kosha. Die Gedankenbewegungen im Geist sind völlig zur Ruhe gekommen und das Objekt wird vollkommen erkannt. Auf diese Weise kann umfangreiches Wissen gewonnen werden.

In Anandamaya Kosha, der Wonnehülle, ruhen wir, wenn Samadhi ohne Dualität (asamprajnata samadhi) verwirklicht ist. Hierbei erscheint kein Objekt im ruhenden Geist, sondern das Selbst, also das Subjekt. Das Selbst erkennt sich selbst. Atman (die Seele/ das Bewusstsein) erkennt sich selbst in allem. Dadurch ist die Dualität aufgehoben. Nun ruht der/die Wahrnehmende in seiner/ihrer wahren Natur und das Ziel von Yoga ist verwirklicht.

 

Der direkte und der indirekte Weg

Vedanta (Brahma Sutra) sagt, dass dieses Erkennen des wahren Selbst direkt, d.h. ohne jegliche Übung und Technik verwirklicht werden kann. Dies geschieht allein durch ishwara pranidhan – Hingabe an Gott oder Bhakti.

Dem widerspricht Patanjali nicht. Er wiederholt diese Tatsache selbt an mehreren Stellen seiner Sutras. Mit den acht Stufen des Ashtanga Yoga wendet er sich an solche Menschen, die diese Erkenntnis nicht direkt verwirklichen können und gibt ihnen eine Praxis an die Hand, durch die sie ihre Ignoranz, ihre Konditionierungen, Blockaden usw. reduzieren können. Und je weiter sich diese auflösen, desto mehr kann das Licht des Atman durchscheinen.

 

Alles zusammen bis zum Schluss

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass die acht Stufen des Yoga nicht nacheinander, sondern simultan geübt werden. Wir brauchen nicht 30 Jahre Asanas üben und perfektionieren, bis wir mit Pranayama oder Meditation beginnen können.

Die äußeren Stufen sind eine Vorbereitung auf die inneren Stufen, die notwendig sind, um Samadhi zu erreichen. Deswegen sollten wir so früh wie möglich einfache Atem- und Konzentrationsübungen in unsere Praxis integrieren. Andersherum begleitet uns die Praxis der Yamas und Niyamas ein Leben lang durch unseren Alltag, egal wie fortgeschritten wir in Asanas oder Mediation sein mögen oder ob wir Samadhi erreicht haben.

Wenn wir uns als ewige Seele erkennen und liebevoller Dienst für das Wohl aller / Gott zu unserer Natur geworden ist, können die anderen Übungen weg fallen. Theoretisch. Jedoch haben wir dann immer noch einen Körper, Lebensenergie und einen Geist, die durch Asanas, Pranayama und Meditation gut in Schuss gehalten werden können. Somit wird die Praxis zu Gottestdienst. Denn ich kann am besten dienen, wenn ich auf allen Ebenen fit bin.

 

Gopali Devi Dasi, Daniela Reich, 2020

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