Ashtanga Yoga - was alles in die Yoga-Suppe gehört, damit sie richtig glücklich macht.

Die meisten Menschen verbinden mit dem Wort Yoga körperliche Übungen wie Sonnengrüße, Kopfstand, Schulterstand, Vorwärtsbeuge usw. Ja selbst viele YogalehrerInnen benutzen das Wort Yoga synonym für Asanas.

Wenn wir jedoch genauer hinschauen und einen Blick in die Yoga Sutras von Patanjali – eine der wichtigsten Schriften des Yoga – werfen, stoßen wir gleich im zweiten Vers des ersten Kapitels auf die Definition von Yoga: 

yogaś-citta-vṛtti-nirodhaḥ ||2||
Yoga ist das Verschwinden der Bewegungen im Geist

Im zweiten Kapitel zeigt uns Patanjali ein ganzheitliches Übungssystem, mit dessen Hilfe wir diesen Zustand von einem klaren, ruhigen Geist, frei von Gedanken, erreichen können, falls wir ihn nicht spontan erfahren.
 

Dieses Übungssystem nennt man Ashtanga Yoga. Es besteht aus acht Stufen und führt uns systematisch von Außen nach Innen, mit dem Ziel der Selbsterkenntnis (Erkennen, wer oder was wir wirklich sind).
 

Selbsterkenntnis macht glücklich

Menschen wollen glücklich sein. Aber wir leiden, weil wir das Glück an den falschen Orten suchen. Wir suchen es in Beziehungen, Jobs, Urlauben, Drogen, Nervenkitzel, Besitztümern, Autos, Handys, Kleidern, Sex ect. - im Außen. Warum? Weil wir glauben, dass die Befriedigung der Sinne uns glücklich macht.

Aber irgendwie machen wir die Erfahrung, dass dieses Glück nicht nachhaltig ist und wir immer neue Wünsche befriedigen müssen. Das ist so, weil die Befriedigung der Sinne lediglich Annehmlichkeiten für Körper und Geist darstellt, jedoch keine Bedeutung für das Lebewesen – die Seele hat.

Der Yoga-Prozess löst Stück für Stück unsere falsche Identifikation als Körper-Geist-Gefühle-Wesen und mit äußeren Dingen auf und führt zu der Erkenntnis, dass wir Seele sind, die ewig, allwissend und freudvoll ist (sat chid ananda). Wir erlangen Klarheit über die Fragen: Wer bin ich? Wer ist Gott? Was ist die Welt? Und welche Beziehung haben wir miteinander?

Um das zu erfahren, müssen wir den gesamten Yoga-Prozess durchlaufen. Allein durch Körper- und Atemübungen ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir dieses Ziel erreichen.
 

Die 8 Stufen des Ashtanga Yoga

  1. Yamas – Harmonisches Umfeld und Beziehungen durch yogische Werte
  2. Niyamas – Harmonische Alltagsgestaltung, die Raum für Praxis lässt, Umgang mit mir selbst
  3. Asana - Körperübungen
  4. Pranayama – Bewusste Atmung
  5. Pratyahara – Lösung der Sinne von externen Objekten, Nach-Innen-Wenden
  6. Dharana – Willentliche Konzentration auf ein Objekt
  7. Dhyana – Meditation (Spontane Konzentration)
  8. Samadhi – gedankenfreies Bewusstsein

Die ersten 6 Stufen des Ashtanaga Yoga sind mit Techniken verbunden, die wir aktiv ausführen und üben können. Die beiden letzten Stufen kommen wie der Schlaf. Es ist eine Gnade. Die übende Person kann lediglich gute Voraussetzungen dafür schaffen, hat aber keine Kontrolle darüber.

Samadhi ist auch nur eine Stufe

An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch Samadhi eine Stufe ist und nicht das letztendliche Ziel.

tadā draṣṭuḥ svarūpe vasthānam||3||
Dann verweilt der Sehende in sinem wahren Selbst.

Yoga ist also eine Praxis, die uns hilft, einen ruhigen klaren Geist zu bekommen, was es uns möglich macht, in unserem wahren Selbst zu verweilen. Die Praxis dient dazu, unsere falsche Identifikation mit äußeren Dingen aufzulösen und die körperlichen, energetischen, geitigen und emotionalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir die Wahrheit über uns selbst, Gott und die Welt erkennen.

Hier wird niemand zur Ruhe gebracht...

Wenn wir den 2. Vers der Yoga Sutras übersetzen mit: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen, der Gedanken im Geist“, kann dies leicht missverstanden werden. Man könnte glauben, dass wir willentlich unsere Gedanken zur Ruhe bringen könnten. So ist das jedoch nicht gemeint.

Wir können unsere Gedanken nicht kontrollieren oder irgendwie manipulieren. Wer versucht seine Gedanken willentlich zur Ruhe zu bringen, zettelt einen Krieg an. Er kämpft mit seinen Gedanken und wird verlieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass das Selbst gar nichts tun kann. Die Instanz, die etwas tut, ist das Ego. Das bedeutet, wenn ich mit meinen Gedanken kämpfe und glaube, gegen sie gewinnen zu können, stärke ich mein Ego. Dies bringt mit weiter weg davon das Selbst zu erkennen. Also wie kann es gehen?

Die erste Regel der Yamas ist ahimsa, was Nicht-verletzen oder Gewaltlosigkeit bedeutet, und das gilt auch für den Umgang mit unserem Geist. Der Geist wird zu nichts gezwungen und auch nicht willentlich zur Ruhe gebracht. Wir lassen ihn zur Ruhe kommen – ganz von selbst! Und dieses zur Ruhe kommen unterstützen wir, indem wir die Stufen von Patanjali praktizieren, systematisch, Stufe für Stufe.

Einfach machen, was im Buch steht.

Der Yogaweg ist kein Kampf! Er ist leicht und freudvoll. Klar brauchen wir etwas Disziplin, Geduld und Enthusiasmus. Aber Patanjali hat uns ganz genau aufgeschrieben, wie es geht. Wir brauchen es nur zu tun - ohne etwas weg zu lassen oder hinzuzufügen...

Die Yogawelt von heute ist sehr auf Asanas fixiert. Asanas halten den Körper gesund und fit und können sogar einige Krankheiten heilen. Sie vertiefen unser Körperbewusstsein, wirken reinigend, stärkend und harmonisierend. Aber sie bringen uns keine Selbsterkenntnis. Patanjali erinnert uns daran weiter zu gehen.

Im Yoga geht es um viel mehr als einen gesunden und schönen Körper. Wenn wir uns das Ziel des Yoga – Selbsterkenntnis – vor Augen halten, wird klar, dass wir Asanas aus einem anderen Grund üben. Nämlich um die Wirbelsäule geschmeidig zu machen, damit die Kundalini Energie aufsteigen kann. Und um stabil und bequem in der empfohlenen Position für die Meditation sitzen zu können: in Padmasana, dem Lotos oder einer ähnlichen Haltung.

In dem Moment, in dem mir das klar ist, kann ich viel entspannter an die Asana Praxis heran gehen. Ist es jetzt noch wichtig im Handstand oder im Skorpion zu stehen? Macht es einen Unterschied, ob ich mir die Füße hinter dem Kopf verknoten kann oder nicht? Bitte verstehe mich nicht falsch: Es ist total hilfreich die verschiedensten Asanas – auch den Handstand – zu üben. Alle Positionen haben wunderbare körperliche, energetische und geistige Wirkungen. Was ich meine ist, dass wir ganz entspannt an die Asana Praxis heran gehen können. Dass wir einfach üben um zu üben und dass wir wissen, dass es in jedem Fall gut ist, auch wenn wir ein Asana nicht „meistern“.


Gopali Devi Dasi Daniela Reich, 10.10.2024 

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